Trend zu mieten? Gemietet wurde schon immer!​

07.02.2024

Gewohnt wird immer. Dabei könnte man eigentlich sagen: gemietet wurde schon immer, wie ein Blick auf die Geschichte der Mietgesellschaft zeigt. Ein Unterschied zu früher: nie wurde komfortabler gemietet (bzw. gewohnt) als heutzutage.

In den letzten Monaten war immer wieder zu lesen, dass die steigenden Finanzierungszinsen den Traum vom Eigenheim platzen lassen, was wiederum den Mietmarkt stärkt. Das wird besonders evident, wenn man sich die Mietquote der Haushalte in der Europäischen Union ansieht: diese ist von 2021 auf 2022 um 2,7 % gestiegen – so stark wie noch nie. Umgerechnet auf die Anzahl Haushalte bedeutet das, dass 2022 61,2 Millionen Haushalte zur Miete wohnten und damit 1,9 Millionen mehr als im Vorjahr. Berücksichtigt man, dass 2022 rund 880 000 Asylanträge in der EU gestellt wurden, was jedoch nicht gleichzusetzen ist mit Haushalten, und rund 510 000 weitere Menschen – aus bspw. Beschäftigungsgründen – in die EU migrierten, relativiert sich diese Zunahme zwar etwas, aber nichtsdestoweniger zeigen die Daten: es wird wieder mehr gemietet.

Quelle: Eurostat

Wieder? Relativ. Denn erstens steigt die Mietquote bereits seit Jahren. Zweitens zeigt ein Blick auf die Geschichte des Wohnungs- bzw. Mietmarktes, dass Menschen schon immer gemietet haben.

Bereits die meisten Römer lebten zur Miete. In der ewigen Stadt standen den über 40 000 Mietskasernen knapp 1800 Eigenheime gegenüber. Und der bauliche Zustand war oftmals katastrophal. So kam es vor, dass ein Mietshaus einstürzte. Auch mangelte es an Hygiene, die Wasserversorgung erreichte nur das Erdgeschoss.

Die Industrialisierung und Urbanisierung, die die Menschen in die Städte trieb, revolutionierte die Wohnverhältnisse endgültig, wie sich am Beispiel Deutschlands zeigt: Erreichte die Quote an Wohneigentum in den Städten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch 50 %, sank diese in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Städten mit mehr als 5000 Einwohnern auf 30 % und lag in deutschen Großstädten gegen Ende des 19. Jahrhunderts nur noch zwischen 10 und 15 %. Frankfurt hatte Ende des 19. Jahrhunderts eine Mieterquote von 87 %, in Berlin lebten sage und schreibe 99,5 % der Menschen zur Miete (Schulz, 2006). Doch im Vergleich zum alten Rom hatten sich die Mietverhältnisse nur unwesentlich verbessert: zwar stürzten keine Häuser mehr ein, aber es wurde auf engstem Raum gehaust – im Schnitt lebten drei Personen pro Raum; nur 60-80 % der Wohnungen verfügten über einen oder zwei beheizbare Räume. Sanitäranlagen befanden sich oftmals im Gang oder dem Treppenhaus und wurden von mehreren Mietparteien geteilt.

Rund 100 Jahre später haben sich die Wohnverhältnisse deutlich gebessert: Die Überbelegungsquote ist seit Jahrzehnten rückläufig. 2022 bewohnte ein Mieter im EU-Schnitt 1,5 Räume. Lediglich 1,5 % der Wohnungen verfügten 2020 im EU-Schnitt über keine eigenen Sanitäranlagen, in Deutschland waren es null Prozent der Wohnungen.

Und so lässt sich fragen: Vielleicht muss es gar nicht der Traum vom Eigenheim sein, um heutzutage komfortabel zu wohnen? Zumal ein Mietverhältnis, im Gegensatz zum Eigentum, auch Vorteile mit sich bringt, wie mehr Flexibilität, vergleichsweise niedrigere Neben- bzw. Instandhaltungskosten. Eine aktuelle Studie der Universität Basel zeigt, dass Eigentum langfristig gar nicht unbedingt glücklicher macht.

Auch der Living + Working bietet Haushalten modernen Wohnraum und die Vorteile des Mietens im 21. Jahrhundert. Das „Urban Living Zuffenhausen“ in Stuttgart ist hierfür ein gutes Beispiel.

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