Im Gespräch mit Dr. Andri Eglitis: „Die Bedingungen für Investitionen werden wieder besser“

28.02.2024

Wie gestaltet sich der Arbeitstag als Head Research?
Grundsätzlich ist der Arbeitstag sehr vielfältig. Wir sind als interner Dienstleister Anlaufstelle für alle Fragestellungen rund um die Immobilien. So landen tagtäglich neben geplanten Aufgaben auch viele ungeplante Anfragen und Projekte auf dem Schreibtisch.

Aktuelle Lage und Perspektiven der Immobiliensektoren – was ist Ihre Einschätzung?
Wir unterscheiden zwischen konjunkturellen und fundamentalen Faktoren. Im Moment haben wir in einigen Immobiliensektoren einen stärkeren Einfluss durch die schwache Konjunktur. Das betrifft sowohl Deutschland als auch Europa. Für uns Researcher sind jedoch eher langfristige Perspektiven wichtig. Was sind zukünftig Einflüsse der Fundamentaldaten und -trends auf die Immobilien? Die Konjunktur ist da eher sekundär. Aber das trifft die Sektoren unterschiedlich. Im Bürosegment dämpft der konjunkturelle Einfluss die Nachfrage eher. Ausgenommen sind hier hochwertige Flächen in zentralen Lagen. Beim Handel gilt es zwischen dem täglichen Bedarf und dem Non-Food-Bereich zu unterscheiden. Bei dem Angebot des zweiten wird eher einmal gespart. Wohingegen für Lebensmittel und Drogeriewaren immer Nachfrage besteht. Daher muss man sich um Immobilien mit diesen Mietern weniger Sorgen machen. Ebenso ist Wohnen konjunkturunabhängig. Aufgrund der unzureichenden Bautätigkeit besonders in urbanen Räumen hält die starke Nachfrage hier die Mieten im Aufwärtstrend. Im Gesundheitssektor gibt es hingegen Unterschiede. Betreiber von Pflegeheimen haben mit Kostensteigerungen zu kämpfen und wir haben einige Insolvenzen gesehen. Der Sektor des Betreuten Wohnens ist nicht betroffen und es läuft rund. Ärztehäuser und Medizinische Versorgungszentren sind ebenfalls außen vor, dank solventer Mieter und langfristig abgeschlossener Mietverträge.

Welche Investments sind aktuell und zukünftig empfehlenswert?
Wir schauen, welche Sektoren langfristig fundamental gut aufgestellt sind. Die Sektoren Wohnen und der Handel mit Waren des täglichen Bedarfs haben sich über die Konjunkturphasen als sehr resilient erwiesen. Gewohnt und gegessen wird immer. In beiden Sektoren ist die Nachfrage einfach gegeben und diese werden auch weiterhin auf der Anlageliste bleiben.

Welchen Einfluss hat die Zinswende auf den Immobiliensektor?
Die Zinswende ist eine Herausforderung aus dem Finanz- und Kapitalmarkt, die auf die Preise und Werte der Immobilien einen Einfluss hat. Aber die fundamentale Sicht auf die Immobiliensektoren ist davon wenig betroffen. Trotzdem ist die Zinswende das Thema schlechthin, aber es sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Bei einer strategischen Sicht auf die Immobilien hat die Zinswende keinen Einfluss. Sie beeinflusst jedoch die Preise und bestimmt, wann man mit guten Chancen wieder in den Markt einsteigen kann.

Wann ist mit einer Erholung der Investmentmärkte zu rechnen?
In diesem Jahr, wobei wir von der Geldpolitik eine gewisse Unterstützung durch langsam sinkende Zinsen erwarten. Somit können sich die Käufer am Markt wieder positionieren. Die Preise finden ihren Boden. Die institutionellen Investoren kommen langsam wieder zurück und wir sehen Zeichen für einen Anstieg der Investmenttätigkeit. Es bleibt aber abzuwarten, wie stark diese Erholung sein wird. Dennoch werden die Bedingungen für Investitionen wieder besser.

Sie haben Geografie studiert – wie kam es dazu, dass Sie heute im Immobilienmarkt-Research tätig sind?
Geografen, die in der Immobilienwirtschaft arbeiten, sind in der Regel Wirtschaftsgeografen. Ich hatte als Nebenfächer zudem VWL und Raumplanungsrecht. Damit ist man breit aufgestellt, also eher Generalist als Spezialist. Im Research beschäftigt man sich mit allen möglichen Themen rund um Wirtschaft und Immobilien, koordiniert Meinungen, moderiert und erstellt diverse Analyse und Publikationen. Man beschäftigt sich weniger mit kleinsten Details, sondern eher mit dem Großen und Ganzen. Und da sind wir wieder bei der generalistischen Sicht. Ich finde das sehr spannend.

Andri Eglitis

Dr. Andri Eglitis leitet das Immobilienmarkt-Research Deutschland von Swiss Life Asset Managers in Deutschland. Neben der Analyse der Immobilienmärkte in Deutschland ist er mit seinem Team für die Märkte in Nord- und Osteuropa zuständig. Vor seiner Zeit im Swiss Life-Konzern war der promovierte Diplom-Geograf im Research bei CBRE, RREEF (heute DWS), Corpus Sireo und IPD/MSCI tätig.

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