Die Kriterien zur Erfüllung der EU-Taxonomie-Verordnung

28.06.2023

Im Nachgang des Pariser Klimaabkommens im Dezember 2015 hat die Europäische Union im Jahr 2018 das politische Rahmenwerk zur Umsetzung beschlossen: den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Die EU-Taxonomie-Verordnung ist ein Baustein dieses Plans. Ihr Ziel ist es, eine EU-einheitliche Definition von Nachhaltigkeit zu erreichen.

Die zur Umsetzung der Taxonomie-Verordnung erlassenen „Technische Screening Kriterien“ legen fest, welche Aktivitäten überhaupt potenziell als ökologisch nachhaltig eingestuft werden können. Die Prüfung erfolgt immer nach demselben Muster und unter Beurteilung von drei Fragestellungen:

  1. Leistet die Aktivität einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem Klimaziel?
  2. Führt sie nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines der anderen Umweltziele?
  3. Wird der Mindestschutz eingehalten? Das heißt: Werden grundlegende Vorgaben bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte, Bekämpfung von Korruption und Betrug, der Besteuerung sowie des fairen Wettbewerbs eingehalten?

Aufgrund seiner vermögensverwaltenden Tätigkeit befindet sich ein Offener Immobilienfonds in der von den Technischen Screening Kriterien definierten Wirtschaftsaktivität „Erwerb von und Eigentum an Gebäuden“. Um dabei den Nachweis für den wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu erbringen, verlangt die Taxonomie-Verordnung für Gebäude die Vorlage eines Energieausweises der Stufe A oder besser. Alternativ kann auch der Nachweis erbracht werden, dass sich das Gebäude unter den regionalen oder nationalen Top-15-Prozent der energieeffizientesten Immobilien befindet. Dieser Nachweis ist derzeit jedoch schwierig zu erbringen, da hierfür eine öffentlich verfügbare Studie erforderlich ist, die den nationalen oder regionalen Gebäudebestand abdecken und mindestens zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden unterscheiden muss. Für große Nichtwohngebäude muss zusätzlich ein Nachweis für den effizienten Betrieb des Objekts erbracht werden.

Für die zweite Fragestellung zur Beurteilung der Taxonomie-Konformität – der, ob es keine wesentliche Beeinträchtigung der weiteren Umweltziele gibt, – muss in der maßgeblichen Wirtschaftsaktivität ausschließlich der Einfluss auf das Umweltziel „Anpassung an den Klimawandel“ geprüft werden. Dazu wird eine Analyse der physischen Klimarisiken, denen ein Gebäude ausgesetzt ist, vorgenommen. Das bedeutet, es wird untersucht, ob das Objekt beispielsweise ein erhöhtes Sturmflut- oder Tornadorisiko hat. Diese Prüfung erfolgt in der Regel mit Hilfe von Analysetools. Werden relevante Klimarisiken identifiziert und als wesentlich erachtet, müssen Maßnahmen zur Reduzierung geplant und in den darauffolgenden fünf Jahren auch umgesetzt werden.

Das dritte Kriterium für die Erfüllung der Anforderungen der Taxonomie-Verordnung ist die Beachtung des Mindestschutzes oder der sogenannten „Minimum Safeguards“. Diese beziehen sich auf Aspekte der Governance, also der guten Unternehmensführung, die sowohl von Dienstleistern als auch von der Kapitalverwaltungsgesellschaft eines Fonds selbst zu erfüllen sind. Konkret wird hier etwa der Umgang mit Menschenrechten – inklusive Arbeitsrechten – genauer betrachtet. Aber auch Themen wie Korruption und Bestechung, fairer Wettbewerb und Steuergerechtigkeit werden in diesem Zusammenhang überprüft. Inwiefern diese Kriterien im Immobiliensektor anwendbar sind, ist derzeit noch nicht gänzlich klar. Daher sieht man aktuell in der Branche noch sehr unterschiedliche Umsetzungsansätze.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Taxonomie-Verordnung definitiv einen Beitrag zur Vergleichbarkeit von Objekten bezüglich der Nachhaltigkeit leisten kann. Trotzdem eröffnen sich Praktikern bei der Anwendung der Kriterien zahlreiche Auslegungsfragen und Detailaspekte, die durchaus darüber entscheiden können, ob ein Objekt als nachhaltig eingestuft wird oder eben nicht.

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