Potenziale im Bestand heben, ist oft besser als Neubau ​

09.08.2023

Der Ressourcenverbrauch und CO2-Ausstoß von Immobilien wird häufig auf die anfallende Energie für den Gebäudebetrieb, z. B. für Heizung oder elektrische Anlagen, reduziert. Dabei werden viele Rohstoffe in der Erstellung benötigt, sodass in der Diskussion um Klima- und Umweltschutz die nachhaltige Nutzung des Gebäudebestands in den Fokus rückt.

Eine neu gebaute Immobilie bieten dem Eigentümer oder Nutzer vor allem hinsichtlich des Energieverbrauchs und damit in der Klimadiskussion ein behagliches Gefühl. Und ein Blick auf die entsprechenden Nebenkosten bestätigt diesen Eindruck. Allerdings ist das Gebäude nicht vom Himmel gefallen, und die beim Bau benötigte Energie nicht unmittelbar sichtbar. Ein ganzheitlicher Ansatz zum Klima- und Ressourcenschutz muss jedoch sowohl die Bestands- als auch die Erstellungsphase berücksichtigen, womit die Nutzung und Optimierung von bestehenden Immobilien deutlich stärker ins Blickfeld kommt.

Allein die Menge an älteren Objekten erfordert, den Fokus energetischer Maßnahmen auf den Bestand zu legen, statt die Lösung von CO2-Ausstoß über Neubau zu suchen: So sind von den rund 42 Mio. Wohnungen in Deutschland rund zwei Drittel vor 1979 gebaut (und die erste Wärmeschutzverordnung trat Ende 1977 in Kraft), während nur rund 5 Prozent nach 2011 fertiggestellt wurden. Bei Neubauzahlen von knapp 300 000 Einheiten in den letzten Jahren würde der „Austausch“ des Altbestands ein paar Jahre zu lang dauern. Hinzu kommt die ökologische Bilanz: Bauen ist energieintensiv, angefangen bei der Herstellung von Baumaterial wie Zement, dem Brennen von Ziegeln oder Fliesen bis hin zum Energieverbrauch von Baumaschinen und bei Transporten. Nicht zu vergessen ist darüber hinaus der Verbrauch weiterer Rohstoffe wie Sand, Kies oder Metallen – und andererseits bei Abriss von Gebäuden der Bauschutt und sonstige Reste. Rund 50 % der Ressourcen gehen in Deutschland in den Gebäudesektor, aus dem zugleich ca. 60 % des Bauschutts und der sonstigen Reste stammen. Der Ansatz Abriss und Neubau ist aus ökologischer Sicht nicht tragbar, auch wenn durch das Recyclen von Baustoffen und Aufbau einer Kreislaufwirtschaft Verbesserungen möglich sind. Der Neubau auf der grünen Wiese widerspricht zudem dem Anspruch, den Flächenverbrauch zu senken. Um die Ziele zum Klima- und Ressourcenschutz zu erreichen, sollte der vorhandene Gebäudebestand – wo immer möglich – erhalten oder sinnvoll umgebaut bzw. umgenutzt werden.

Eine Sanierung verbraucht ebenfalls Ressourcen, aber deutlich weniger, allein mit Blick auf den weiter bestehenden Rohbau. Allerdings muss eben über diesen Rohbau die Grundsubstanz für die künftige (Um-)Nutzung passen, wobei neben finanziellen und technischen Einschränkungen auch Regulierungen in Form von heutigen Bauvorschriften zu beachten sind. Beispiele bieten die Lärmdämmung in einem hellhörigen Nachkriegsbau oder Standards bezüglich Sicherheit (Fluchttreppen) oder Deckenhöhen in Büros, die nach Arbeitsstättenverordnung vorgeschrieben sind. Und letztlich kommen Sanierungen heute an denselben Herausforderungen wie Neubauvorhaben nicht vorbei: Materialverfügbarkeit, Personalmangel, lange Genehmigungszeiten. Bleibt als Fazit, dass nicht jedes Gebäude erhalten bzw. weitergenutzt werden kann, aber die Möglichkeiten zum Erhalt sind vielfach gegeben und werden zunehmend genutzt. In den letzten Jahren hat sich auch die Denkweise der Beteiligten, seien es Eigentümer, Architekten oder Mieter, in Richtung Bestand gewandelt.

Komplett sanierte oder auch umgenutzte Immobilien können die Anforderungen von institutionellen Investoren gut erfüllen – gekauft wird allerdings in der Regel nach Fertigstellung. Im Portfolio des Living + Working befindet sich z.B. das Büroobjekt „The Grid“ in Utrecht, eine Totalsanierung in einer gewachsenen Bürolage. Die „Lee Towers“ in Rotterdam starteten 2019 ein neues Leben als modernes Wohngebäude, nachdem sie seit den 1970er Jahren als Büros gedient hatten. Entscheidend sind bei diesen Objekten die allgemeinen Kriterien des Fonds: langfristige fundamentale Markttreiber, gute Lage, Erfüllung von ESG-Standards und die moderne Gebäudequalität.

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