Mieten in Europa trotzen dem wirtschaftlichen Umfeld

12.04.2023

Zeiten konjunktureller Schwäche lassen einen Druck auf die Mieten erwarten. Dieser Zusammenhang lässt sich derzeit kaum erkennen, wie aktuelle Trends verdeutlichen. Für Immobilienanleger eine gute Entwicklung, auch wenn Differenzierungen zu beachten sind.

Ein Blick auf die Entwicklung der Mieten in Europa zeigt für 2022 viele positive Trends, wie Daten des Analysehauses PMA verdeutlichen: An Europas großen Büromärkten legten die Spitzenmieten im Schnitt um 7 % zu, an den Logistik-Hotspots sogar rund 12 %, während die Wohnungsmieten in den Metropolen um 6 % nach oben gingen. Nur die Spitzenmieten für innerstädtische Einzelhandelsflächen zeigten im letzten Jahr mit gut -1 % in eine andere Richtung.

Zugegeben, die Wirtschaftsentwicklung in Europa war 2022 – nach ersten Schätzungen – mit Wachstumsraten von 3,5 % in der Eurozone, dabei 1,9 % in Deutschland, gar nicht schlecht, auch wenn die Konjunktur zum Jahresende abkühlte und die Eurozone im vierten Quartal ein BIP-Wachstum von nur 0,1 % erzielte, während Deutschland mit -0,4 % im negativen Bereich endete.

Die wirtschaftliche Entwicklung ist allerdings weniger entscheidend für aktuelle Mietentwicklungen als strukturell bedingte Knappheiten an den Immobilienmärkten, z. B. am Büro- oder Wohnungsmarkt. Europaweit verlagert sich die Flächennachfrage am Büromarkt immer stärker auf hochwertige Flächen in zentralen Lagen – dem Bestreben von Unternehmen geschuldet, ESG-Anforderungen zu erfüllen und der Belegschaft ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. So entfielen 2022 rund 70 % des Flächenumsatzes in den deutschen Top-7-Büromärkten auf moderne Büros. Die geringe Verfügbarkeit solcher Flächen treibt entsprechend die Mieten, besser: die Spitzenmieten – und der Trend dürfte anhalten.

Aufgrund hoher Bau- und Finanzierungskosten zeichnet sich für die kommenden Jahre ein Rückgang der Bautätigkeit ab, zugleich sorgen hohe Baukosten für hohe Mietniveaus bei neu errichteten oder hochwertig sanierten Flächen. Nach Wachstumsraten im letzten Jahr von 8 % in Berlin, 12 % in London, oder 8 % in Paris (nach Angaben von PMA) ist jedoch davon auszugehen, dass die Dynamik des Mietwachstums in 2023 etwas nachlässt. Und nicht alle Objekte können diesem positiven Trend folgen: Weniger attraktive Flächen, z. B. nach Lage oder Ausstattungsqualität, werden in geringerem Umfang  nachgefragt, Leerstände kommen auf und die Mieten stagnieren oder geraten unter Druck. Die Polarisierung der Büromärkte tritt immer stärker hervor.

Entwicklung der Spitzenmiete in europäischen Hauptbüromärkten

Quelle: PMA

Knappheit ist ebenso der Treiber für die Mieten an den Wohnungsmärkten in den europäischen Metropolen. Die Zuzüge aus dem Ausland, nicht nur durch Flüchtlinge, sondern nach Abklingen der Pandemie auch wieder verstärkt zu Arbeits- und Ausbildungszwecken, genauso wie Binnenmigration lassen die Bevölkerungs- und Haushaltszahlen und damit den Bedarf an Wohnraum deutlich steigen. Auch im Wohnsektor sind es die hohen Kosten, fehlende Arbeitskräfte und Grundstücke, die für unzureichendes Angebot sorgen und die Mieten in der Neuvermietung anschieben. Beispiele für das Jahr 2022 bieten nach den Analysen von PMA durchschnittliche Wachstumsraten in deutschen Großstädten von 3 %, in den Niederlanden von 5 % oder in Kopenhagen von 3 %, während die Mieten in britischen Metropolen um rund 12 % zulegen konnten. Auch im Wohnsektor sind aufgrund der Angebotsdefizite in den nächsten Jahren weitere, deutliche Mietsteigerungen zu erwarten. Ausgenommen sind die jeweiligen Teile des Marktes, die staatlichen Regulierungen unterliegen, auch wenn diese i.d.R. gewisse Anpassungen der Mietniveaus erlauben.

Die Entwicklungen an den Büro- und Wohnungsmärkten verdeutlichen, dass die strukturellen Rahmenbedingungen die Mietmärkte stärker prägen als konjunkturelle Faktoren. Dass dies nicht zwangsläufig positiv auf das Mietwachstum wirkt, unterstreicht das Beispiel weniger attraktiver Büroflächen genauso wie der Druck auf den innerstädtischen Handel durch die Onlinekonkurrenz. Wie von Swiss Life Asset Managers schon häufig betont, bleiben die langfristigen fundamentalen Treiber das entscheidende Kriterium für die erfolgreiche Immobilienanlage.

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