Kostentreiber Regulierung

10.07.2024

Bauen wird immer teurer. Das liegt nicht allein an steigenden Preisen für Baumaterialien und höheren Zinsen. Zudem plagt die Branche eine schier unendliche Liste an Vorgaben und Richtlinien, die mit der Zeit immer länger (und teurer) wird. Vor dem Hintergrund des Wohnraummangels stellt sich Branchenkennern die Frage: Was kostet das und muss das sein?

Aktuell gibt es in Deutschland rund 3.900 Normen, die die Baubranche betreffen. Diese reichen von der Dicke der Wände über die Ausgestaltung der Handläufe von Treppen zur Mindestgröße von Küchen. Seit 2008 ist die Anzahl an Normen um fast 25 % gestiegen.

Generell lautet das Ziel von Normen und Standards, für Sicherheit und Qualität zu sorgen sowie die Effizienz zu steigern. Das Deutsche Institut für Normung (DIN) geht noch einen Schritt weiter und postuliert: Wer gezielt Normen und Standards anwende, spare Kosten. Doch gilt diese Aussage nicht immer. Wenn etwa die Mindestdicke einer Wand angehoben wird, dann werden hierfür auch mehr Baumaterialien benötigt. Logischerweise steigen somit auch die (potenziellen) Kosten. Der SWR widmete dieser Fragestellung im Frühjahr 2024 eine eigene Sendung und kam zu dem Schluss: Nicht alle Normen und Vorschriften sind notwendig. Manche seien pure Kostentreiber. Auch das ifo-Institut veröffentlichte 2023 ein Diskussionspapier, in dem der Autor insistiert, dass die Baukosten auch wegen der wuchernden DIN-Normen anstiegen.

Quellen: DIN; Welt.de; Handwerk.com; Eurostat

Dass Normen Auswirkungen auf die Preise haben, wird politisch auch auf Bundesebene diskutiert. Das bereits von der Vorgängerregierung ins Leben gerufene Maßnahmenpaket zur Baukostensenkung umfasst unter anderem – neben dem Modularen Bauen, das in unserem letzten Newsletter thematisiert wurde – auch die Prüfung von Standards, Normen und gesetzlichen Regelungen. Das Thema ist auch für die aktuelle Regierung zentral, denn schließlich hat sie sich dem Ziel verschrieben „die Baukosten zu senken, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“ (so Staatssekretär Rolf Bösinger am 10. August 2023 im Handelsblatt).

Um von den hohen Baukosten runterzukommen, plant die Bundesbauministerin Klara Geywitz daher eine Prüfstelle, die im Normungsverfahren eine Folgekostenermittlung durchführt und damit Transparenz in die Fragestellung bringt, wie hoch der Kosteneffekt von Normen nun wirklich ist. Denn obwohl das Thema heiß diskutiert wird, fehlt es an einer transparenten Datenlage und damit auch an einer abschließenden quantitativen Einordnung.

Wie komplex das Thema beziehungsweise die Datenauswertung ist, zeigt sich auch daran, dass bereits seit Oktober 2019 ein Forschungsprojekt des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) läuft, welches eben jene Kostenauswirkungen von Baunormen auf den Wohnungsbau prüft. Quantitative Ergebnisse wurden bis heute nicht veröffentlicht. Es bleibt also spannend. In der Zwischenzeit begnügt man sich mit der eher schwammigen Aussage der Bundesregierung „Standards und Normen können, ebenso wie gesetzliche Regelungen auch, im Baubereich zu Kostenfolgen führen.“ (Quelle: Deutscher Bundestag, Drucksache 19/7515). Da gesetzliche Regelungen letztlich vom Gesetzgeber kommen, hätte die Regierung auch auf dieser Ebene Stellschrauben, ihrem Ziel des bezahlbaren Wohnraums näher zu kommen.

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