Im Gespräch mit Dr. Stefan Spreiter, Chief Risk Officer bei Swiss Life Asset Managers

02.11.2022

Können Sie kurz erläutern, was man unter Risikomanagement versteht?
Im Risikomanagement geht es darum, die wesentlichen Risiken frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und kontrolliert einzugehen. Eine komplette Vermeidung von Risiken ist nicht möglich und auch nicht wünschenswert. Denn im bewussten Eingehen von Risiken liegen Renditepotentiale für unsere Anleger – und die gilt es zu nutzen. In diesem Spannungsfeld erarbeiten wir ein Risiko-Rendite-Profil auf deren Basis die Portfolio Manager ihre individuellen Anlageentscheidungen treffen. Als unabhängige Stelle überwachen und analysieren wir die Risiken als sogenannte „zweite Verteidigungslinie“.

Was ist die vielleicht größte Herausforderung in Ihrem Fachgebiet?
Das ist die Breite unseres Aufgabenspektrums. „Den“ Risk Manager gibt es eigentlich nicht, da wir in verschiedenen Themengebieten und Anlagesegmenten – also nicht nur im Immobilienbereich – tätig sind. Daher werden Spezialisten mit ganz unterschiedlichem Fachwissen benötigt. Neben Finanzspezialisten sind dies auch Fachexperten aus Bereichen wie Informatik oder Prozessmanagement. Dabei ist es unsere Aufgabe, Ideen kritisch zu hinterfragen und wichtige Erkenntnisse, die dem Schutz unserer Anleger und unserer Organisation dienen, wirkungsvoll einzubringen.

Sie steuern das Risikomanagement zentral von der Schweiz aus?
Im Risikomanagement brauchen wir eine länderübergreifende Zusammenarbeit. Die Aufgabe meines Teams in der Schweiz ist, dass wir über Grenzen hinweg Prozesse und Methoden definieren, die den Rahmen für die Entscheidungen der lokal Verantwortlichen schaffen. Die Risikobetrachtung und -beurteilung muss nach einer einheitlichen Linie erfolgen. Aus der Schweiz heraus führen wir die Spezialisten zusammen und haben eine koordinierende Funktion. Wir arbeiten europaweit eng zusammen und tauschen uns aus, damit überall nach einheitlichen Grundsätzen entschieden wird.

Wie schützen Sie den Immobilienbestand von Swiss Life Asset Managers gegen mögliche Risiken?
Immobilien sind eine vergleichsweise langfristige Anlageform. Deshalb sind wir als Risikomanagement bereits beim Ankauf eingebunden. Wir haben vordefinierte Risikokategorien, die für alle Länder gelten. Dazu zählen beispielsweise objektspezifische Kriterien wie die Lage, der Gebäudezustand oder die Vermietungssituation. Ebenso wird der Einfluss des Ankaufs auf den Fonds als Gesamtes beurteilt. Haben wir ein Objekt gekauft, wird es regelmäßig nach einem standardisierten Raster überwacht. Das können die aktuelle Ertragssituation, aber auch umweltbezogene Aspekte sein, um zwei Beispiele zu nennen.

Und wie sieht das konkret für den Living + Working aus?
Die Immobilien des Living + Working sind auf mehrere Länder verteilt. Jeder Standort ist von lokalen Einflüssen geprägt. Das Wissen darüber ist am besten vor Ort vorhanden. Die lokalen Risikomanager kennen die örtlichen Besonderheiten und geben ihre Beurteilung ab. Diese lokale Expertise ist eine unserer Stärken und für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor im Immobiliensegment.

Inwieweit sollte das Thema Nachhaltigkeit bei Immobilienanlagen berücksichtigt werden?
Der langfristige Anlagehorizont verleiht dem Thema Nachhaltigkeit bei Immobilien eine besonders große Bedeutung. Für den Klimaschutz muss jedes Gebäude seinen Beitrag leisten und einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck sowie CO2-Ausstoß haben. Aber auch physische Risiken wie Sturmschäden oder mögliche Überschwemmungen müssen Berücksichtigung finden. Wir müssen hier von Anfang an definieren, wie wir damit umgehen und das bewerten. Deshalb ist die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien schon beim Ankauf von großer Bedeutung, da sich manche Dinge im Nachgang nur mit hohem Aufwand korrigieren lassen. Ziel ist, dass wir langfristig zum Wohl der Anleger gut aufgestellt sind. 

Eine persönliche Frage: Was tun Sie, um abseits Ihres Jobs die „Batterien wieder aufzuladen“?
Ich bin Schweizer (lacht) und was ist da naheliegender, als dass ich sehr gerne in den Bergen unterwegs bin? Ich habe den Luxus, die Berge direkt vor der Tür zu haben. Stehe ich auf einem Gipfel, dann kann ich perfekt abschalten. Das ist für mich die optimale Erholung. Überhaupt ist mir es wichtig, draußen in der Natur mit der Familie und Freunden Zeit zu verbringen. 

 

 

Dr. Stefan Spreiter arbeitet bei Swiss Life Asset Managers als Leiter der Risikomanagement-Abteilung. Er ist für die Risikoüberwachung der Fonds und institutionellen Mandate von Swiss Life über sämtliche Ländereinheiten und Anlageklassen einschließlich Immobilien und Infrastruktur verantwortlich. Stefan Spreiter studierte BWL an der Universität Zürich, wo er auch promovierte. Nach Studienabschluss sammelte er Beratungs- und Projektleitungserfahrung u. a. bei Accenture und beim Institut für Rechnungswesen und Controlling der Universität Zürich.

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